Auf meinem zweiten Einhand-Segeltörn von Korfu zur Insel Patmos in der Ostägäis fahre ich am 2.September - einem wunderschönen Samstag - bei strahlendem Sonnenschein und spiegelglatter See von Milos kommend in die weite, einem See gleichende Ankerbucht O.Despotikos (s.nachstehendes Bild) ein, und werfe gegen 0400 Uhr im NW - lichen Teil der Bucht auf etwa 5m Wassertiefe meinen Anker. Schon auf der ganzen Fahrt hierher hab ich mich auf das erfrischende Bad im glasklaren Wasser gefreut, lege mich danach auf’s Deck und verfalle beim Anhören meiner Lieblings-CD, der „La Traviata“ mit Anna Netrebko in ein entspanntes Dahindösen, das nur durch ein fallweise entfernt wahrnehmbares Grollen beeinträchtigt wird. Ohne darüber näher nachzudenken verbinde ich diese Wahrnehmung mit den häufigen Flugübungen der griechischen Luftwaffe.
Wieviel Zeit inzwischen vergangen war, konnte ich nachträglich nicht mehr feststellen als ich plötzlich durch einen explosionsartigen Knall jäh aus meinen Träumen hochgerissen werde. Sofort bin ich auf den Beinen und sehe zu meiner Bestürzung wie sich eine fast schwarze Gewitterwand drohend aus Richtung NW kommend auf die Bucht zuwälzt.
Ich hab gerade noch Zeit meine Habseligkeiten in die Kajüte zu verfrachten und als ich gerade dabei bin noch rasch meine Ankerkette von den gesteckten 40m auf gut 80m auszufahren, fallen bereits die ersten schweren Böen, gefolgt von prasselnden Regenschauern ein. Der Regen ist so heftig, dass die herabprasselnden Tropfen an der Wasseroberfläche richtig kleine Fontänen bilden.
Die gesamte Bucht ist mit durchgehenden Schaumkronen bedeckt und Böen um die 40kn fallen mit solcher Wucht ein, dass die KIRLEKING beim heftigen Schwojen immer wieder tief in’s Wasser gedrückt wird.
Da ich grenzenloses Vertrauen zu meiner Ankerausrüstung und insbesondere zu meinem 43kg schweren „Jambo-Anker“ habe, hol ich rasch meinen Fotoapparat hervor um dieses Naturschauspiel auch im Bild festzuhalten.
Gebannt beobachte ich die in etwa 100 bis 200 m auf BB schräg achterlich vor Anker liegenden 2 Schiffe die schon beim Einfall der ersten Böen unter starker Schräglage quer zur Windrichtung liegend, rasch auf Drift in Richtung des S-seitigen Ausgangs der Bucht gehen. Nur eine englische Yacht die fast auf gleicher Höhe auf STB vor Anker liegt, hat offensichtlich keinerlei Probleme und ihre Mannschaft zeigt sich auch nicht an Deck obwohl das angehängte Dingi auf deren Anwesenheit an Bord hindeutet.
Nach etwa 10 min lässt die Heftigkeit der einfallenden Böen etwas nach und es bricht fallweise sogar die Sonne durch, gefolgt von einem imposanten Regenbogen der die weite Bucht überspannt.
Erst nachdem die erwähnten Boote schon weit abgetrieben sind, kann ich entsprechende Aktivitäten einzelner Personen an Bord erkennen.
Die auf meiner Stb - Seite liegende englische Yacht, die keine Ankerprobleme hat
Die achteraus auf meiner BB – Seite gelegenen Yachten auf Drift in Richtung des S – seitig gelegenen Ausgangs der Bucht
Gleiches Bild wie oben – die beiden driftenden Yachten sind jedoch schon weiter abgetrieben – und der Wind hat deutlich nachgelassen
Nach insgesamt etwa 30min ist die Gewitterfront abgezogen und der Wind lässt schlagartig nach. Bald danach scheint wieder die Sonne und es ist beinahe wolkenlos und fast so ruhig wie zuvor – so als ob nichts gewesen wäre...!
Mein Ruhebedürfnis hat sich jedoch verflüchtigt.
Am nächsten Tag setze ich meine Fahrt nach Patmos fort.
Liebe Grüsse,
Erich Bichlbauer
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